Jazzkeller: Das neue Hörspielmusik-Album von Andris Zeiberts

Frank Gustavus

Ein Interview von Sven Großmann
geführt am 14. August 2001

Pünktlich zum offiziellen Start des Erstlingswerkes "Jack The Ripper" vom Newcomer-Label Ripper Records, gelang es der HörNews.de mit dem Autoren, Produzenten und Regisseur Frank Gustavus ein paar Worte zu wechseln.

HörNews: Wie alt bist Du und wie lange bist Du schon Hörspielfan?

Gustavus: Ich bin 31 und seit 26 Jahren HSP-Fan.

HörNews: Hattest Du, wie viele Hörspielfans auch, zwischendrin eine Pause? Welches ist Dein Lieblingshörspiel, sofern es eines gibt?

Gustavus: Ich hatte nie wirklich eine Hörspiel-Pause. Lieblings-HSP? Hmm: Dracula und Moby Dick, Karl-May-Serie (alle Europa), Säulen der Erde, Der Alchimist.

HörNews: Im Inlay steht, neben anderen Danksagungen, auch ein Dankeschön an Gott - bist Du ein gläubiger Mensch?

Gustavus: Klar glaube ich, dass es da oben was gibt, was uns hilft und uns den rechten Weg weist - ich nenne es Gott, andere Buddha, Manitou oder Allah. Ich geh aber nicht in die Kirche.

HörNews: Hast Du neben Hörspielen auch andere Hobbys?

Gustavus: Ich bin Trommler (im Moment aber inaktiv, wegen eines kaputten Fingers), höre sehr viel Musik, lese und sehe mir Filme an.

HörNews: Wenn Dir alle Möglichkeiten offen stehen würden - welchen Stoff/welche Vorlage würdest Du Dir gerne für eine Hörspielumsetzung vornehmen?

Gustavus: Ich hatte mal an "Psycho" gedacht, aber Heyne rückt keine Rechte raus. Ich hätte auch Spaß an einem großen Historien-Epos. Wenn ich könnte, würde ich alle Verlage dazu bringen, die Stoffe, die sie selbst nicht als Hörbuch/-spiel rausbringen wollen, für andere Labels freizugeben. So wird aber alles gehortet. Auch "Cape Fear" wäre da ein Kandidat ?!

HörNews: Hast Du schon vorher im Hörspiel- oder einem ähnlichen Bereich gearbeitet (wie z.B. Radio) und wenn ja, an welchen Produktionen warst Du beteiligt?

Gustavus: Ich habe 6 Jahre lang als Reporter, Redakteur, Moderator und Nachrichtenmann beim Hörfunk gearbeitet. Für einen Sender habe ich auch Comedy geschrieben und zum Teil inszeniert. Von daher war mir die Arbeit mit Stimmen, "Atmo", Geräuschen und Musik nicht fremd. Beim NDR habe ich mal eine Hospitanz im Hörspiel gemacht, beim Altmeister Heinz von Cramer und ich habe als Sprecher in einigen Hörbüchern und Hörspielen (für Kinder) mitgewirkt - in welchen kann man bei hoerspiele.de lesen.

HörNews: Warum hast Du Dir ausgerechnet "Jack The Ripper" als Ripper-Records-Debüt ausgesucht? Was reizte Dich an der Figur?

Gustavus: Als ich auf die Ripper-Idee kam, war natürlich auch der Label-Name geboren. Die Figur als solche hat mich schon als 12-jähriger interessiert, mit der Zeit habe ich mir dann so ziemlich alles an Filmen, Dokus, Büchern etc. reingezogen. Die Faszination kam wahrscheinlich daher, dass niemand wusste, wer der Kerl war. Dazu noch das Ambiente: dunkle Gassen, verrufene Spelunken u.ä. - Wahnsinn. Die Figur und die Geschichte des James Maybrick warfen mich dann völlig um: Dies war der richtige Stoff für eine gute Geschichte, denn einen reinen Gruselstoff um einen Dunkelmann, den keiner kennt, wollte ich nicht machen.

HörNews: War es schwer an so große Namen (Sprecher) zu kommen?

Gustavus: Nein, ich habe mir überlegt, wen ich dabeihaben möchte, habe mir die Nummern dieser Menschen besorgt und sie einfach angerufen, ihnen von dem Projekt und der Rolle, die sie spielen sollten, erzählt - alle waren interessiert und ich habe ihnen die Bücher geschickt, kurz darauf haben alle zugesagt. Für die Rollen, die noch unbesetzt waren, bekam ich Vorschläge: Werner Cartano schlug Aranka Mamero-Jaenke als "Hure" vor, ich rief sie an und sie war dabei. Für den Littlechild wollte ich gerne Joachim Wolff haben, als er wegen Krankheit ausschied, empfahl mir Cartano Jens Scheiblich, den wiederum rief ich in Südfrankreich im Urlaub an, und als er wieder da war, las er das Skript - und war ebenfalls dabei. Wolfgang Kaven sollte zunächst den Dr. Hopper geben, für die Rolle des Gerichtsmediziners rief ich die Agentin von Uwe Friedrichsen an: Ich erzählte ihr vom Stoff und sie sagte "Und Herr Friedrichsen soll den Ripper spielen, nicht wahr?" Ich sagte "Nein, DEN soll Dietmar Mues machen, Herr F. soll einen Gerichtsmediziner mimen" - damit war das Thema gegessen, denn sie meinte "Uwe" würde nur den Ripper spielen wollen. Ich bat mir Bedenkzeit aus, am nächsten Tag sagte Dietmar zu und ich Herrn Friedrichsen ab. Ich wusste irgendwie, dass Mues der richtige Mann für diese Rolle war!

HörNews: Musstest Du ein wenig "nachhelfen" oder hat Dietmar Mues die Rolle Maybricks von Anfang an so intensiv angelegt?

Gustavus: Da musste ich überhaupt nichts machen: Dietmar kam, ging ins Studio und brauchte für jede seiner Szenen maximal 2 Takes. Er war so unglaublich gut, dass es uns einen Schauer nach dem anderen über die Rücken jagte. Er "war" tatsächlich sowohl das Drogenwrack, als auch der wahnsinnige Mörder. Ich liebe ihn!

HörNews: Wie lange dauerten die Aufnahmen und mit welcher Technik kamen sie zustande?

Gustavus: Die Aufnahmen haben zweieinhalb (!) Tage gedauert, denn wie Dietmar Mues richtig sagte: Es ging wie im Rausch! Die Sprache wurde direkt in den Rechner aufgenommen (Logic-System).

HörNews: Musstet ihr bei den Aufnahmen auf eine bestimmte Hard- oder Software zurückgreifen, um den Effekt zu erreichen, dass das Hörspiel einerseits wie auf der Höhe der Zeit wirkt, aber andererseits trotzdem zu der Epoche passt, in der die Geschichte spielt?

Gustavus: Im Beating Heart-Studio hat der Tonmann Manfred Knauff mit „pro-Tools“ gearbeitet, einem System, das unendlich viele Spuren und Möglichkeiten in sich birgt, dadurch wirkt das Stück, glaube ich, „up-to-date“. Das Bild der Epoche kommt so gut rüber, weil die Geräusche stimmten. Allein die Kutschen lassen einen schon ins alte England eintauchen, die Bilder vom heruntergekommenen Whitechapel entstehen durch die beschreibenden Monologe im Kopf des Hörers.

HörNews: Was war nervenaufreibender? Die Pre-Production, die Aufnahmen oder die Post-Production?

Gustavus: Anstrengend war alles, aber alles hat auch tierischen Spass gemacht.

HörNews: Du hast auf das Tagebuch von James Maybrick zurückgegriffen, welches ja beim Lübbe Verlag vorliegt. Hattest Du keine Bedenken, dass es von der Verlagsseite aus Einwände geben könnte?

Gustavus: Ich habe mein Skript und das Maybrick-Buch von einem Anwalt prüfen und vergleichen lassen. Bis auf den Arsen-Mord, den Florie angeblich an ihrem Mann begangen haben soll (ich glaube ja, man hat ihn ihr in die Schuhe geschoben), musste ich nicht viel ändern - so kam die Zyankali-Geschichte zustande. Ich habe mich ja auch nur an Motiven aus dem Tagebuch und aus Maybricks Leben orientiert, ansonsten Fakten verwertet und so, wie mir der Advokat versicherte, eine eigenständige Neubearbeitung der Geschichte geschaffen.

HörNews: Wie früh fiel die Entscheidung, das Hörspiel nur auf CD zu veröffentlichen? Immerhin liegt der Marktanteil der CD bei Hörspielserien weit hinter dem der MC. Ist mittelfristig mit einem MC-Release zu rechnen?

Gustavus: Dass es das Stück nur als CD geben würde, war vom ersten Gedanken an klar. Ich bin kein großer Freund der MC, noch nie gewesen, außerdem wäre die Idee mit dem Digipak mit einer MC nicht umzusetzen gewesen. Ob "Jack the Ripper" mittelfristig auch als MC erscheinen wird, wird, denke ich, die Nachfrage zeigen. Wenn jetzt 2000 Leute sagen würden: "Wir kaufen das Ding nur auf MC", dann würde ich mich, aus finanzpolitischen Aspekten und als kleines Label, wohl kaum dagegen sperren können.

HörNews: Wird Ripper Records in absehbarer Zeit auch mit einem renomierten Vertrieb zusammenarbeiten, so wie Meteor jetzt mit Edel?

Gustavus: In diesen Tagen laufen tatsächlich Gespräche mit einem Vertrieb - aber über ungelegte Eier sollte man nicht sprechen - bringt Unglück!

Ein großes Dankeschön an Herrn Gustavus, der sich so bereitwillig für unsere Fragen zur Verfügung stellte und uns die Antworten schnell per E-Mail zur Verfügung stellte. Ein kleines Dankeschön an Holger Michel, für seine redaktionelle Unterstützung.
Das Interview wurde im Oktober 2022 von Felix Bartling auf die neue HörNews-Webseite übertragen.